Zwischen Beziehungskunst und sozialem Theater
Du sitzt mit einer Kollegin in einem Café. Ihr sprecht über ein gemeinsames Projekt. Sie lehnt sich zurück, greift zum Wasserglas, lächelt beiläufig, während sie spricht. Auch du greifst, ohne groß nachzudenken, zum Glas. Nicht aus Durst, sondern aus irgendeinem inneren Impuls heraus. Unbewusst, beiläufig, fast wie ein Reflex. Warum nur?
Willkommen in der subtilen Welt der automatischen Nachahmung – einem Phänomen, das in der Psychologie als „Mimikry“ oder als „Chamäleon-Effekt“ bekannt ist.
Die Sozialpsychologie beschreibt damit die Tendenz, sich unbewusst an das Verhalten unseres Gegenübers anzupassen – an Körperhaltungen, Gesten, Gesichtsausdruck oder sogar Tonfall.
Das passiert nicht bewusst oder absichtlich. Es geschieht automatisch, fast beiläufig, wie ein inneres Echo auf das, was wir beobachten.
Eine der bekanntesten Studien zum Thema stammt von Tanya Chartrand und John Bargh (1999). Ihr Experiment zeigte: Menschen, die während eines Gesprächs subtil gespiegelt wurden, beurteilten ihr Gegenüber sympathischer als diejenigen, bei denen das nicht geschah.
Aber: Der Effekt war spürbar, jedoch nicht übermächtig. In Zahlen ausgedrückt, sprechen wir von einer kleinen bis moderaten Effektstärke – also eher ein leiser Hintergrundton als ein lauter Hauptfaktor in zwischenmenschlicher Sympathie.
Es gibt folgende psychologische Erklärungsansätze:
So wirksam Spiegelverhalten sein kann – es ist kein Allheilmittel. Mehr noch: Wenn es übertrieben, bewusst oder taktisch eingesetzt wird, kann es leicht ins Gegenteil umschlagen.
Drei typische Risiken:
Wer ununterbrochen nachahmt, wirkt schnell wie ein schlechter Schauspieler, nicht wie ein guter Gesprächspartner.
Unbewusstes Spiegelverhalten ist wie eine leise Melodie im Hintergrund eines Gesprächs: Man nimmt sie nicht immer bewusst wahr – aber sie kann den Ton bestimmen. Entscheidend ist, dass sie echt ist. Denn kein psychologischer Trick ersetzt menschliche Wärme, echtes Interesse oder einen aufrichtigen Satz wie: „Ich sehe dich. Und ich höre dir wirklich zu.“
Ihre Monika Matschnig
Expertin für Körpersprache, Wirkung und Performance
Bild: IvanNikulin / istockphoto.com