Selbstinszenierung
Menschen sind soziale Wesen. Ohne Verbindungen fühlen wir uns tot. Die sozialen Kräfte, die uns in die Selbstdarstellung drängen, beschriebt bereits Michel Focault in „Technologien des Selbst“1. Unterlassen wir dies, zwingt uns das soziale System zur Anpassung oder droht mit Ausgrenzung.
Unser Verhalten variiert je nach Kontext. In einem Gourmet-Restaurant benehmen wir uns anders, als bei McDonald’s, und als Eltern folgen wir einem bestimmten Verhaltensmuster, während bei einem Mädelsabend oder einer Männerrunde eine andere Facette unserer Persönlichkeit zum Vorschein kommt. Jede Abweichung von der Norm wird oft mit verachtenden Blicken quittiert, ein Signal, uns anzupassen oder ausgegliedert zu werden.
Diese Dynamik findet sich auch in Unternehmensstrukturen wieder, wo Führungskräfte als Verwandlungskünstler agieren sollten. Ihre Rolle ist klar definiert, und ihre Performance beeinflusst den Erfolg des Unternehmens. Die Fähigkeit, authentisch zu wirken, ohne notwendigerweise immer authentisch zu sein, ist entscheidend. Unternehmen suchen keine Martins oder Magdalenas, sondern Mitarbeiter, die die geforderten Positionen erfolgreich ausfüllen können.
Der Balanceakt zwischen Authentizität und Anpassungsfähigkeit ist delikat. Es mag verlockend sein, sich nicht zu verbiegen und authentisch zu bleiben, doch diese Haltung birgt die Gefahr der Ausgrenzung und des persönlichen Stillstands. Die Fähigkeit, in verschiedene Rollen zu schlüpfen, wird zur Kunstform. Selbst unter Druck ist es wichtig, empathisch mit Mitarbeitern umzugehen und bei Kundenbeschwerden aufmerksam zuzuhören. Jede Situation erfordert eine angepasste Präsentationsart, sei es lebhaft und begeisternd, um die Mannschaft für eine neue Strategie zu gewinnen, oder sachlich und präzise beim Finanzbericht des Jahresabschlusses. In Krisensituationen wird von Führungskräften erwartet, dass sie Sicherheit und Souveränität ausstrahlen, anstatt ängstliches Verhalten nach außen zu tragen. Die ständige Wechselwirkung zwischen verschiedenen Rollen und die Fähigkeit, sich geschmeidig zu verändern, verleihen „Executive Presence“2, die von Beobachtern geschätzt wird.
„Selbstdarstellung ist nicht Selbstverherrlichung; es ist die Kunst, sein Licht so scheinen zu lassen, dass es andere inspiriert, dasselbe zu tun.“
Nelson Mandela
Trotz der oft negativ konnotierten Assoziation mit dem Begriff „Selbstdarstellung oder -inszenierung“ ist es unerlässlich, sich in verschiedenen Rollen zu bewegen – nicht als manipulatives Schauspiel – sondern als notwendige Anpassung an ein funktionierendes System. Betrachten wir diese Dynamik aus einer spielerischen Perspektive, so verliert es den Schrecken. In Anlehnung an Shakespeares Maxime können wir sagen: „All the world’s a stage, and all the men and women merely players: they have their exits and their entrances…“ Letztendlich spielen wir alle eine Rolle, sei es aus Respekt vor einem funktionierenden System oder aus Höflichkeit gegenüber unseren Mitmenschen. Die Authentizität scheint nur dann durch, wenn wir allein sind. Doch selbst in diesen Momenten üben wir oft eine gewisse Kontrolle über uns aus. Also, lassen Sie uns spielen!
Ihre Monika Matschnig,
Expertin für Körpersprache, Wirkung und Performance
1 Foucault, M.: Technologien des Selbst. Verlagsort: Verlag. S. Fischer, 1993.
2 Executive Presence: „Executive Presence bezieht sich auf die Qualität, die eine Führungsperson ausstrahlt, um Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Respekt zu gewinnen. Es ist eine Kombination von Verhalten, Ausstrahlung, Kommunikationsfähigkeiten und Ausdruck, die eine Person in einer Führungsposition wirksam und überzeugend macht. Es beinhaltet oft eine Mischung aus Selbstsicherheit, professionellem Auftreten, Charisma, klarem Kommunikationsstil, emotionale Intelligenz und einer starken Präsenz. Menschen mit einer starken Executive Presence haben oft die Fähigkeit, andere zu inspirieren, zu motivieren und zu führen. Diese Qualität ist nicht nur auf die Führungsebene beschränkt, sondern kann in verschiedenen beruflichen Kontexten relevant sein, in denen Überzeugungskraft und Führung gefragt sind.“
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