Emotionen stabilisieren, mit einer Prise Philosophie
Stellen Sie sich vor, ein Mitarbeiter kommt nach einem Gespräch mit einem wichtigen Kunden sichtlich erschüttert in Ihr Büro. Der Kunde hat deutliche Kritik an der Qualität des Service geäußert, und Ihr Mitarbeiter fühlt sich persönlich dafür verantwortlich. Er wirkt niedergeschlagen, als hätte er alles falsch gemacht. Spontan könnten Sie sagen: „Das passiert jedem mal“, „Ist ja nicht so schlimm“ oder „Der Kunde sieht es morgen sicher anders.“ Doch statt Beruhigung tritt eher Verunsicherung ein. Die Frage ist also: Wie können Sie ihm wirklich helfen?
Studien zeigen, dass Menschen in solchen Momenten nicht schnelle Lösungen suchen, sondern Verständnis. Diese Anleitung bietet Ihnen drei einfache Schritte, um in solchen Situationen Halt zu geben, neue Klarheit zu fördern und ein Gefühl von Stabilität zu schaffen.
Emotionen sind mehr als nur Reaktionen auf äußere Umstände; sie zeigen uns, was jemanden wirklich bewegt. Die Philosophin Martha Nussbaum beschreibt Emotionen als „Wahrnehmungen des Guten und Schlechten“. Ihr Mitarbeiter zeigt Ihnen durch seine Emotionen, wie wichtig ihm das Projekt ist. Seinen aufgewühlten Zustand ernst nehmen und nicht runterspielen, ist der erste Schritt, ihm Halt zu geben.
Was Sie tun können: Zeigen Sie Verständnis und nehmen Sie seine Gefühle an, ohne sie zu bewerten. Statt „Mach dir nicht so viele Sorgen“ sagen Sie lieber: „Ich sehe, dass dir das Projekt wichtig ist und das gerade belastend wirkt.“ Damit signalisieren Sie, dass Sie seine emotionale Lage ernst nehmen und bereit sind, ihm beizustehen, ohne seine Gefühle kleinzureden.
Emotionale Spannungen lösen sich oft, wenn jemand das Gefühl hat, wirklich gehört zu werden. Eine Studie der Forscherinnen Shira Mor und Jeanne Tsai (2015) belegt, dass Menschen besser mit Stress umgehen, wenn sie die Möglichkeit haben, ihre Sorgen offen auszudrücken. Zuhören allein wirkt bereits beruhigend.
Was Sie tun können: Ermutigen Sie Ihren Mitarbeiter, seine Gedanken zu äußern, ohne ihm gleich eine Lösung anzubieten. Ein Satz wie „Erzähl mir, was dich am meisten an der Situation belastet“ oder „Ich bin hier und höre dir zu“ zeigt, dass Sie bereit sind, ihm den Raum zu geben, den er gerade braucht. So versteht er, dass seine Gefühle wichtig sind und dass er nicht sofort eine perfekte Lösung finden muss.
In emotionalen Momenten geraten die Gedanken oft ins Chaos, was das Gefühl der Überforderung verstärkt. Der Stoiker Epiktet sagte, dass wir oft nicht durch die Ereignisse selbst leiden, sondern durch unsere Wahrnehmung dieser Ereignisse. Der Forscher James Gross fand heraus, dass das Sortieren von Gedanken und das gezielte Umdeuten von Emotionen den Stress reduzieren kann.
Was Sie tun können: Stellen Sie Fragen, die Ihrem Mitarbeiter helfen, seine Gedanken zu ordnen, z.B.: „Was ist für dich gerade das größte Hindernis?“ oder „Gibt es eine Perspektive, die dir helfen könnte, die Situation klarer zu sehen?“ Diese Fragen lenken seine Aufmerksamkeit auf die Aspekte, die er beeinflussen kann, und schaffen Struktur im Gedankenchaos.
Emotionen sind Wegweiser zu dem, was wirklich zählt. Sie brauchen kein schnelles Pflaster, sondern echtes Einfühlungsvermögen. Und wenn Sie einmal unsicher sind, was zu tun ist, fragen Sie einfach: „Was brauchst du von mir? Wie kann ich dich unterstützen?“ Oft reicht genau das.
Ihre Monika Matschnig
Expertin für Körpersprache, Wirkung und Performance
Quellen:
Mor, Shira, and Jeanne L. Tsai. “Cultural Differences in the Social Regulation of Emotion: Implications for Depression.” Emotion, 2015. doi:10.1037/emo0000019.
Gross, James J. “Emotion Regulation: Conceptual Foundations.” In Handbook of Emotion Regulation, edited by James J. Gross, 2007. The Guilford Press.
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