Körpersprache international

Körpersprache international

Delikate Missverständnisse

Es ist schon viele Jahre her: Ich hielt einen Vortrag in einem pharmazeutischen Unternehmen. Unter den Zuhörern waren viele indische Mitarbeiter. Doch irgendwie erreichte ich das indische Publikum nicht. Also dachte ich während des Vortrags: „Monika, du musst ein wenig mehr Gas geben.“ Ich gestikulierte, bewegte mich, arbeitete intensiv mit meinem Körper – und doch schüttelten die Inder umso mehr den Kopf. Für mich wirkte es, als würden sie mir widersprechen und alles verneinen, was ich sagte.

Doch ich lag falsch. In Wahrheit signalisierten sie mir ihre Zustimmung. Inder wackeln nämlich mit dem Kopf, wenn sie etwas bejahen. Auf uns Mitteleuropäer wirkt das, als würde jemand ablehnen. An diesem Tag habe ich viel gelernt – es war der Anfang einer spannenden Reise in die Welt der internationalen Körpersprache.

Arbeiten Sie mit Partnern oder Kollegen aus anderen Ländern zusammen? Dann wissen Sie: Bestimmte Gesten können leicht zu delikaten Missverständnissen führen. Worauf sollten Sie achten?

Die „O-Geste“ – Daumen und Zeigefinger bilden einen Ring

Diese Geste ist weltweit sehr unterschiedlich belegt:

  • In Deutschland, Frankreich, den USA oder Brasilien bedeutet sie „sehr gut“ oder „perfekt“.
  • In Belgien und Tunesien signalisiert sie eine Null oder „Es ist nutzlos“.
  • In Japan steht sie für Geld – aber auch für Kondome!

Eine kleine Geste – viele Bedeutungen.

Die „Daumen-hoch-Geste“

  • Im deutschsprachigen Raum, in den USA oder in Korea bedeutet der nach oben gerichtete Daumen: „Sehr gut!“
  • Gleichzeitig ist er auch das klassische Signal, um als Autostopper eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen.
  • In Israel dagegen sollten Sie diese Geste vermeiden – dort bieten sich Prostituierte so am Straßenrand an.
  • In vielen Mittelmeerländern, in Russland und im Mittleren Osten gilt der erhobene Daumen als obszöne Aufforderung zu sexuellen Aktivitäten.
  • In Japan wiederum steht die Geste für die Zahl fünf. Bestellen Sie also in einem Restaurant so „ein Bier“, könnten gleich fünf Gläser vor Ihnen stehen.

Das Heranwinken

In Mitteleuropa rufen wir jemanden zu uns, indem wir die Hand mit nach oben gerichteten Fingern bewegen.
In Spanien, Portugal, Süditalien und in einigen weiteren Ländern sieht die gleiche Geste jedoch so aus, als wolle man jemanden wegschicken – dort winkt man mit nach unten gerichteter Handfläche.

Das Victory-Zeichen

Zeige- und Mittelfinger werden V-förmig nach oben gestreckt. Auch hier entscheidet die Richtung der Handfläche:

  • Mit nach vorne gerichteter Handinnenfläche bedeutet es „Sieg“ oder „Frieden“.
  • Drehen Sie die Hand jedoch um, kann es in England, Australien oder Neuseeland als grobe Beleidigung verstanden werden – vergleichbar mit dem ausgestreckten Mittelfinger.
  • In Japan, China und Korea wiederum ist das V-Zeichen extrem beliebt: Kaum ein Selfie ohne diese Geste – dort hat sie kaum eine tiefere Bedeutung.

Das Wedeln mit der Hand

Wenn ein Japaner mit der Hand vor dem Gesicht wedelt, will er damit keine Fliege verscheuchen. Diese Geste bedeutet „Nein“. Da ein direkt ausgesprochenes „Nein“ in Japan als unhöflich gilt, signalisiert man Ablehnung oder Schwierigkeiten eben so – oder durch ein hörbares Einziehen der Luft zwischen den Zähnen.

Berührungen

Auch bei Körperkontakt gibt es große Unterschiede:

  • In südamerikanischen Ländern ist es üblich, den Gesprächspartner während eines Dialogs rund 180-mal pro Stunde zu berühren.
  • In Nordeuropa dagegen wird ein solches Verhalten als aufdringlich oder gar anzüglich empfunden.

Treffen also ein Südamerikaner und ein Nordeuropäer aufeinander, kann es leicht zu Missverständnissen kommen: Der eine fühlt sich abgelehnt, der andere bedrängt.

Der ausgestreckte Zeigefinger

„Mit nacktem Finger zeigt man nicht auf andere Leute“ – das wird Kindern bei uns früh beigebracht. Trotzdem gehört das Fingerzeigen in westlichen Kulturen zum Alltag. In China, Indonesien oder Sri Lanka gilt es dagegen als absolutes Tabu.

Achtung Linkshänder

In arabischen Kulturen sollten Sie niemals etwas mit der linken Hand überreichen. Diese gilt als unrein und ist hygienischen Funktionen vorbehalten. Daher gehört sie weder beim Essen auf den Tisch noch darf sie zur Nahrungsaufnahme benutzt werden.

Wie umgehen mit so vielen Unterschieden?

Die nonverbalen Unterschiede aller Länder und Kulturen zu kennen, ist schlicht unmöglich. Was also tun?

  • Machen Sie sich je nach Bedarf zum Experten. Informieren Sie sich über die wichtigsten kulturellen Gepflogenheiten Ihres Gegenübers. Damit zeigen Sie Respekt und sorgen für eine bessere Zusammenarbeit.
  • Erweitern Sie Ihren Horizont. Sehen Sie Unterschiede nicht als Hindernis, sondern als Bereicherung.

Fünf einfache Grundregeln zur Orientierung

Neben der Kenntnis kultureller Eigenheiten helfen diese Leitlinien, Missverständnisse zu vermeiden:

  1. Körpersprachliche Signale im Zusammenhang betrachten
    Ein einzelnes Signal sagt wenig aus. Erst im Zusammenspiel von Körper, Sprache, Situation und Kultur ergibt sich ein klares Bild.
  2. Vorurteile vermeiden
    Nur wer unvoreingenommen beobachtet, kann sein Gegenüber wirklich verstehen.
  3. Täuschungsmanöver erkennen
    Achten Sie auf Widersprüche zwischen Gesagtem und Körpersprache. Nachfragen schafft Klarheit.
  4. Interkulturelle Begegnungen mit Empathie gestalten
    Wissen über Kulturstandards ist hilfreich – genauso wichtig sind Einfühlungsvermögen, Sympathie, Akzeptanz und Neugierde.
  5. Missverständnisse akzeptieren
    Jeder Mensch nimmt die Welt durch seine persönlichen Erfahrungen wahr. Selbst bei gleicher Kultur kann es zu Missverständnissen kommen.

Häufige Fragen zur internationalen Körpersprache

Welche Gesten führen international am häufigsten zu Missverständnissen?

Typische Stolperfallen sind die O-Geste (Daumen und Zeigefinger bilden einen Ring), die in manchen Ländern „perfekt“ bedeutet, in anderen jedoch „nutzlos“ oder „Geld“. Auch die Daumen-hoch-Geste wird nicht überall positiv verstanden – in einigen Regionen ist sie sogar obszön. Weitere Beispiele sind das Victory-Zeichen, das je nach Handstellung Frieden oder eine Beleidigung signalisiert, sowie das Heranwinken, das in Südeuropa aussieht wie ein Wegschicken.

Warum ist Körpersprache international so unterschiedlich?

Gesten und Mimiken entwickeln sich aus kulturellen Normen, Traditionen und Werten. Während in Südamerika häufige Berührungen im Gespräch normal sind, empfinden Nordeuropäer dies als aufdringlich. Unterschiedliche Bedeutungen entstehen also durch kulturelle Prägung – was in einem Land positiv wirkt, kann woanders beleidigend sein.

Wie kann man Körpersprache international richtig deuten?

Die wichtigste Regel lautet: Signale immer im Zusammenhang betrachten. Eine einzelne Geste ist selten eindeutig. Beobachten Sie Mimik, Gestik, Stimme, Situation und kulturellen Kontext gemeinsam. Fragen Sie nach, wenn Körpersprache und Worte nicht zusammenpassen. So vermeiden Sie Fehlinterpretationen.

Was sind die fünf wichtigsten Regeln für den Umgang mit internationaler Körpersprache?

1. Signale im Gesamtzusammenhang sehen.
2. Vorurteile vermeiden und offen bleiben.
3. Täuschungsmanöver erkennen, wenn Gestik und Sprache widersprüchlich sind.
4. Interkulturelle Begegnungen mit Empathie und Neugier gestalten.
5. Missverständnisse akzeptieren – jeder Mensch nimmt die Welt unterschiedlich wahr.

Wie kann ich mich auf interkulturelle Kommunikation vorbereiten?

Informieren Sie sich vor Reisen oder Meetings über die wichtigsten kulturellen Gepflogenheiten Ihres Gegenübers. Zeigen Sie Respekt, setzen Sie Gestik und Mimik sparsam ein und bleiben Sie offen für Unterschiede. So gewinnen Sie Vertrauen und vermeiden Missverständnisse.

Fazit

Absolute Sicherheit im Umgang mit internationaler Körpersprache gibt es nicht. Doch wer seine eigene Gestik und Mimik sparsam einsetzt, kulturelle Unterschiede respektiert und mit Neugierde statt Vorurteilen in Begegnungen geht, wird schnell Vertrauen gewinnen.

Oder um es mit Saint-Exupéry zu sagen:

„Bist Du anders als ich, bist Du mir nicht abträglich, sondern vielmehr eine Bereicherung.“

Damit haben Sie schon viel gewonnen.

Ihre Monika Matschnig,
Expertin für Körpersprache, Wirkung und Performance

Illustration: Real Illusion / Shutterstock.com

Monika Matschnig
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